Podcast: Evidenzpraktiken
In der neuen Ausgabe von “We are TUM”, einem Podcast der Technischen Universität München waren Stefan Esselborn und Sascha Dickel von der Forschungsgruppe zu Gast. Hier gibt es ihn zum
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Wir bitten um vorherige Anmeldung bei unserer Administratorin, Tabitha Goricki: tabitha.goricki@tum.de
Für das komplette Programm bitte HIER klicken.
Die Laudatio für den Preis lautete wie folgt:
„Dieses Buch wurde – man mag es kaum glauben – vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie geschrieben, und doch bestehen viele Parallelen zwischen der Pandemie, die wir heute erleben, und der Epidemie in Form der Schlafkrankheit, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts das subsaharische Afrika erschütterte. Man kann gar nicht anders, als das Buch im Lichte dessen zu lesen, was wir heute erleben…Das vorzüglich recherchierte und sehr gut geschriebene Buch bietet gewiss keine leichte, keine erbauliche Lektüre. Vielmehr zeigt es, wie eng Entwicklungen in der modernen Medizin mit nationaler und internationaler Machtpolitik verbunden sind. Und auch in dieser Hinsicht lernen wir viel für unsere Pandemie-geprägte Gegenwart.“
Mehr über die Auszeichnung finden Sie hier.
Karin Zachmann verfasste den Aufsatz “Relativ sicher? Das Kernkraftrisiko als Herausforderung der Fürsorgediktatur der DDR” (S. 125-170) der im Band 48 von Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Made in Germany. Technologie, Geschichte und Literatur erscheint. Herausgegebenen Galili Shahar, Sagi Schaefer, und Shaul Katzir, 2020.
Von den Verlagen:
Technologien und ihr Einfluss auf Mensch, Gesellschaft und Kultur in der Moderne. Was wir heute als Moderne bezeichnen, ist nicht zuletzt eine Epoche der Technologie. Individuen und Gesellschaften erfuhren durch technologische Erfindungen und Produktionen eine tiefgreifende Umgestaltung, neue Maschinen veränderten Arbeit und Kriegführung, Wohnen und Mobilität, Sprache und Kommunikation sowie soziale und wirtschaftliche Beziehungen. Die Autorinnen und Autoren des Tel Aviver Jahrbuchs 2020 fragen nach den historischen Bedingungen und Konsequenzen der modernen Technologien: Wie haben die neuen Maschinen die Modi des Lebens und des Schreibens in Deutschland und anderswo beeinflusst?
„Eine neue Autorität der Wissenschaften? Expertise, Evidenz und der gesellschaftliche Status der Wissenschaften in der Covid-19-Pandemie“
Mit Beiträgen von:
Der Beitrag zum Nachhören:
Fakten statt Fakes – Evidenzpraktiken in der Wissenschaft
Sendezeit: 4. Juni 2020, 20:10 Uhr; Hinrichs, Dörte; Deutschlandfunk: Aus Kultur- und Sozialwissenschaften
https://www.deutschlandfunk.de/aus-kultur-und-sozialwissenschaften.1147.de.html
Überzeugungskraft trotz Ungewissheit? Numerische Evidenzpraktiken für die Politik in der Coronakrise
Karin Zachmann, Professorin für Technikgeschichte TUM und Sprecherin der DFG FOR 2448 (Evidenzpraktiken in Wissenschaft, Medizin, Technik und Gesellschaft)
Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Die vier kantischen Fragen sind hochaktuell in der Coronapandemie, die Regierungen betroffener Länder – und das sind mittlerweile fast alle der Welt – vor weitreichende Entscheidungen stellt, in denen es in letzter Instanz um die conditio humana geht. Aber welche Maßnahmen sind als Reaktion auf die Coronapandemie angemessen in Anbetracht einer Gefahr, deren Ausmaß noch schwer abzuschätzen ist? Um das zu wissen gilt es, die Infektionskrankheit Corvid-19 und ihre Ausbreitungsdynamik zu verstehen. Die Expert*innen der Stunde sind zum einen die Virolog*innen, Epidemiolog*innen, Intensivmediziner*innen, Patholog*innen usw., also die Expert*innen der medizinischen Forschung und Praxis. Zum anderen sind es Expert*innen aus dem Bereich der Pandemieforschung, die ihre Verbreitungsdynamik erforschen und auf Wissensbestände und Methoden aus der Statistik, der Systemanalyse, der Verkehrsforschung, der Verhaltensforschung etc. zurückgreifen. In der öffentlichen Darstellung der Pandemie sind Statistiken und Modelle außerordentlich prominent. Und es ist zu beobachten, dass sich, je länger die Krise andauert und je mehr Länder sie erfasst, nach anfänglich sehr verschiedenen politischen Strategien nun der Lockdown des sozialen Lebens und Social Distancing in immer mehr Gesellschaften durchsetzt. Dabei wird, mit dem Ziel, Infektionsketten zu unterbrechen, tief in persönliche Freiheits- und demokratische Grundrechte der Bürger eingegriffen. Eine solche Politik aber ist in einer Demokratie, die sich über die Mitbestimmung der Bevölkerung definiert, in besonderem Maße begründungspflichtig, so dass sich die Frage stellt, auf welche Evidenz sich die Politiker berufen. Evidenz meint hier plausibles und überzeugendes Wissen, das eine breite gesellschaftliche Anerkennung erlangt hat, die in Aushandlungsprozessen entsteht. Im Rahmen dieser Wortmeldung wird gefragt, welche Formen von Evidenz in der Coronakrise aufgewertet werden, wer sie bereitstellt und was sie so überzeugend macht.
Quantitative Indikatoren für die Dimensionen der Pandemie
Konkrete Daten zum Infektionsgeschehen sind die Grundlage für die Gestaltung und Begründung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Daten wie die Anzahl der Infizierten und Gestorbenen bilden das Rohmaterial, um die Ausbreitungsdynamik der Pandemie zu bestimmen und darzustellen. Als Maß für die Ausbreitungsdynamik hat sich die Verdopplungszeit der Infektionsfälle durchgesetzt, die wiederum von den Regierungen als Indikator für die Steuerung des Lockdowns installiert wurde. Die Fixierung auf eine konkrete Zahl, z.B. 10 Tage Verdopplungszeit als Indikator für ein Abflauen der Pandemie und eine Lockerung des Lockdowns, verleiht der Politik Autorität durch Klarheit, die als „Wahrheit“ erscheint. Die Auswirkungen der Pandemie werden im Moment vor allem in einer medizinischen Dimension, über die Letalitätsquote der neuen Infektionskrankheit, erfasst. Auch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie sind in der öffentlichen Diskussion. Aber unter Verweis auf das Gebot ethischen Handelns werden Betrachtungen der ökonomischen, aber auch sozialen Folgen der Pandemie den medizinischen Perspektiven nachgeordnet. Und in der Tat ist für die Menschen (vor allem in den bisher besonders betroffenen Ländern des globalen Nordens) im 21. Jahrhundert die Erfahrung verstörend und bedrohlich, dass ein von Wildtieren auf den Menschen übertragenes Virus wie eine Naturkatastrophe über den ganzen Globus zieht und Menschenleben fordert, ohne dass rechtzeitig (Medizin-)Technik (Medikamente und Impfstoffe) vorhanden ist, um es aufzuhalten.
Infektionsfälle
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